Backen mit Ur-Getreide

Die Körner des Khorasan-Weizens oder Kamut sind bis zu dreimal größer als Weizenkörner
Die Körner des Khorasan-Weizens oder Kamut sind bis zu dreimal größer als Weizenkörner (Bild: Getty Images)

Erst die Naturkostbewegung hat für eine Renaissance der alten Getreidesorten Dinkel, Emmer oder Kamut gesorgt. Viele von ihnen waren hierzulande lange vergessen.

Schon vor 10 000 Jahren wurde Urgetreide in Kleinasien angebaut, später jedoch von ertragsreicheren Sorten wie Weizen und Roggen verdrängt. Im Vergleich etwa zu Weizen ist es jedoch deutlich nahrhafter. Herausragend ist sein Gehalt an Mineralstoffen, vor allem an Zink. Der Eiweißgehalt ist ebenfalls deutlich höher als der von Weizen und damit für Veganer und Vegetarier besonders interessant.

Die Urgetreidekörner schützt eine harte Hülle, der Spelz
Die Urgetreidekörner schützt eine harte Hülle, der Spelz

Das Getreide von heute ist ertragreich, widerstandsfähig und gut zu verarbeiten. Im Vergleich zu alten Sorten hat es allerdings einen geringen Gehalt an wertvollen Nährstoffen und ruft eine wachsende Zahl von Unverträglichkeiten hervor. Daher wächst das Interesse an alten Kornsorten wie Emmer, Kamut, Einkorn oder Ur-Dinkel. Grund dafür ist zum einen der viel intensivere Geschmack der Urkörner: Kräftig, würzig und nussig sorgen sie für eine ganz eigene Note bei Brot und Gebäck. Zum anderen weisen die Urkörner einen hohen Gehalt an Mineralstoffen und Vitaminen auf, Einkorn hat außerdem einen hohen Gehalt an Carotinoiden, die freie Radikale binden. Das Backen mit Urkorn erfordert allerdings etwas Übung. Da das Gluten im Urkorn nicht so kräftig ist, lässt sich der Teig nicht so einfach verarbeiten. Ideal sind daher Mischungen aus verschiedenen Getreidesorten.

Einkorn

Der Urvater aller Weizensorten zählt zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit. Schon 7000 vor Christus wurde Einkorn am oberen Euphrat verzehrt. Kennzeichen ist die Ausprägung der Ähre mit einem Korn pro „Etage“ an der Ährenspindel, beim Weizen sind es beispielsweise vier Körner. Daher ist der Ertrag dieses Getreides, das auch Blicken, Kleiner Dinkel oder kleiner Spelz genannt wird, deutlich niedriger und Korn und Mehl entsprechend teurer. Obwohl das Einkorn kaum anfällig ist gegen Wurzelfäule oder Mutterkorn, war es im vorigen Jahrhundert fast verschwunden. Mit ein Grund dafür sind die fest mit dem Korn verwachsenen Hüllen, die Spelzen, die in einem eigenen Arbeitsschritt entfernt werden müssen. Erst vor wenigen Jahrzehnten ist das Einkorn in das Sortiment regionaler Anbieter in Deutschland, Österreich, Italien und der Schweiz zurückgekehrt. Einkorn enthält sehr viel Eiweiß und Mineralstoffe wie Magnesium, Zink und Eisen, dazu Antioxidantien und Carotin. Letzteres verleiht dem Einkornmehl seine gelbe Farbe. Das Einkorn hat einen stark nussigen Geschmack.

Urdinkel

Die Urform des Weizens wurde schon von den Kelten und Ägyptern angebaut, in Deutschland vor allem in Baden-Württemberg. Da auch der Ur-Dinkel einen harten Spelz besitzt, wurde er durch leichter zu verarbeitende Kreuzungen mit Weizen fast ganz verdrängt. Auch heute noch ist es schwierig, reinen Ur-Dinkel zu bekommen. Dinkel hat einen herzhaften und nussigen Geschmack und wird daher nicht nur zu Brot, sondern auch gern zu Keksen und Müsli verarbeitet. Er ist reich an Phosphor und Kieselsäure, gut für Stoffwechsel und Denkvermögen. Wer Dinkelgebäck nicht gut verträgt, kann den Teig mit Oregano oder Thymian würzen. Deren ätherische Öle machen ihn besser verdaulich. Hildegard von Bingen kombiniert Dinkel mit ihren Lieblingsgewürzen Bertram und Galgant. Sie hielt den Dinkel für eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel – wohl auch, weil Dinkel zu ihrer Zeit das populärste Getreide war. „Dinkel ist das beste Getreide, fettig und kraftvoll und leichter verträglich als alle anderen Körner. Es verschafft dem, der es isst, ein rechtes Fleisch und bereitet ihm gutes Blut. Die Seele des Menschen macht er froh und voll Heiterkeit. Und wie immer zubereitet man ihn isst, sei es als Brot, sei es als andere Speise, ist er gut und lieblich und süß.“ Bekannt ist das Dinkel-Habermus nach Hildegard von Bingen, das sie für einen kraftvollen Start in den Tag empfiehlt.

Grünkern

Eine Sonderform des Dinkels ist der aus der Not geborene Grünkern. In regenreichen Jahren waren die Bauern gezwungen, den Dinkel zu ernten, bevor er reif war, um nicht alles zu verlieren. Um das wasserreiche und leicht verderbliche Getreide aufbewahren zu können, wurde es über dem offenen Feuer geröstet, traditionell über Buchenholzfeuer. Das geröstete Korn war nicht nur haltbar, sondern entfaltete ein intensives Aroma. Besonders lecker schmeckt es in Suppen, Aufläufen oder Bratlingen, im Brot eignet es sich nur als Beigabe, weil die Hitze beim Trocknen der unreifen Körner die Struktur des Klebeeiweiß verändert.

Emmer

Ein weiterer Verwandter des Weizens, der Emmer, war in der Jungsteinzeit das wichtigste Getreide in Europa, weil er auch auf kargem Boden und bei rauem Klima wächst. Da der Ur-Weizen mit seinen kleinen und kurzen Ähren und den zwei Reihen von Körnern aber lange nicht so ertragreich ist, geriet er in der Neuzeit völlig in Vergessenheit. Emmer hat besonders viele Mineralstoffe, vor allem Zink und Magnesium. Sein würziger Geschmack prägt nicht nur frisch gebackenes Brot, auch Bierbrauer schätzen das Getreide für dunkles Bier.

Köstlich: Brot aus Emmer und Nüssen
Köstlich: Brot aus Emmer und Nüssen

Rezept-Tipp: Emmervollkornbrot mit Nüssen (1 Laib)

Zutaten

• 100 g Walnüsse
• 50 g Kürbiskerne
• 50 g ganze Leinsamen
• 500 g warmes Wasser
• 500 g Emmervollkornmehl
• 15 g Obstessig
• 10 g Salz
• 1 Päckchen (6 g) Trockenhefe

Zubereitung

Walnüsse, Kürbiskerne und Leinsamen in eine Rührschüssel geben und mit warmem Wasser übergießen. Die restlichen Zutaten zugeben und mit dem Handrührgerät mit Knethaken
6 bis 7 Minuten auf langsamer Stufe zu einem glatten Teig kneten. Den sehr weichen Teig in eine 25 bis 30 cm lange mit Backpapier ausgelegte Kastenform einfüllen. Diese auf die mittlere Schiene des noch nicht vorgeheizten Backofens stellen und etwa 10 Minuten ruhen lassen. Dann den Backofen auf 200 °C Umluft aufheizen und den Teig rund 50 Minuten ba- cken. (Quelle)

 

Die Körner des Khorasan-Weizens oder Kamut sind bis zu dreimal größer als Weizenkörner
Die Körner des Khorasan-Weizens oder Kamut sind bis zu dreimal größer als Weizenkörner

Kamut

Der Name für diese Hartweizensorte ist tatsächlich eine eingetragene Marke. Als der ursprünglich Khorasan genannte Weizen aus dem Iran und Ägypten auch in die USA gelangte, ließen sich dort einige Biobauern für ihr Saatgut den Namen Kamut schützen. Heute steht der Markenname generell für Khorasan-Hartweizen. Wegen seines hohen Anteils an Eiweiß (40 Prozent mehr als Weizen) und der guten Klebereigenschaften bildet der Hartweizen die Basis für zahlreiche Teigwaren, neben der klassischen Pasta auch für Bulgur und Couscous. Zusätzlich punktet Kamut mit seinem hohen Anteil an Magnesium, Zink, dem Spurenelement Selen, Folsäure und den Vitaminen B und E. Er hat einen herzhaften und nussigen Geschmack und lässt sich wie Dinkel oder Weizen zu zahlreichen Brotsorten verarbeiten.

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