Zauber der Lindenblüten

Lindenblüten
Lindenblüten (Bild: Getty Images)

Wer abends durch Städte und Gemeinden wandert, erschnuppert ihn schnell: Den schweren Duft der Linden, die in diesen Julitagen überreich blühen. Überall spitzen die gelben Hochblätter, Blüten und Fruchtstände zwischen den grünen Blättern hervor. Genau die richtige Zeit, die Heilkräfte dieses Zauberbaumes zu würdigen.

Linden (Tilia) sind Malvengewächse und bilden eine eigene Unterfamilie, die Tiliaceae. Der Pflanzenmagier Wolfgang Storl schreibt dazu: „Malven sind immer weich, erweichend, schützend, einhüllend. Die Linde hat einiges davon.“

Sie kommen in ganz Europa und Kleinasien vor. Bei uns wachsen die Sommerlinde (Tilia platyphyllos), die Winter- oder Steinlinde (Tilia cordata sowie Tilia parvifolia) und die Silberlinde (Tilia tomentosa). Vor allem Letztere ist ein begehrter Schmuck für Gärten, Parkanlagen und Alleen, auch weil sie widerstandsfähiger ist. Indem die Silberlinde ihre silbrigen Blattunterseiten nach oben kehrt, reflektiert sie bei zu viel Sonne die UV-Strahlen nach außen und schützt sich vor dem Austrocknen.

Alle drei Lindenarten unterscheiden sich nur wenig. Gemeinsam sind ihnen die mächtige Krone, die zunächst kugelförmig und dann immer weiter in die Breite wächst, die glatte graue Rinde, die herzförmigen Blätter, die die Bäume im Herbst abwerfen und die stark duftenden Blüten, die stets in Dolden mit einem länglichen Hochblatt wachsen. Als Erste blüht im Juni die Sommerlinde, dicht gefolgt von Winter- und Silberlinde. Alle drei Lindenarten nähren mit ihrem stark zuckerhaltigen Nektar (bis zu 5 mg Zucker pro Tag und Blüte) zahllose Insekten und sind geschätzte Bienenweiden.

Lindenblüten sind sehr empfindlich
Lindenblüten sind sehr empfindlich

Unterscheiden kann man die Bäume am einfachsten an ihren herzförmigen Blättern. Die Blätter der Sommerlinde tragen auf der Oberseite feine Härchen, die der Winterlinde sind oben und unten ganz glatt und die Blätter der Silberlinde haben eine silbrige Blattunterseite.

Tipp: Lindenblüten richtig ernten und aufbewahren

Ernten Sie die Blüten zusammen mit dem Hochblatt am besten ein bis drei Tage, nachdem sie sich geöffnet haben. Dann ist der Wirkstoffgehalt am größten. Lindenblüten sollten schnell und luftig getrocknet werden. Sie sind sehr licht- und luftempfindlich und müssen in gut schließenden, dunklen Gläsern aufbewahrt werden. Der Gehalt an ätherischem Öl und die Wirksamkeit der Blüten nehmen relativ schnell ab, deswegen sollte man sie jedes Jahr frisch pflücken.

Köstlich: Lindenblütengelee
Köstlich: Lindenblütengelee

Lindenblütentee beruhigt, stillt Husten und senkt den Blutdruck

Die Volksheilkunde nutzt Blätter und Blüten der Linden und schätzt ihre Wirkung besonders bei Erkältungen und zur Im- munstärkung. Diese verdankt der Baum vor allem den in Blüten und Blättern vorhandenen Schleim- und Gerbstoffen, die Blüten sind außerdem reich an ätherischen Ölen und Glykosiden. Eines der Öle, das Farnesol, verhindert, dass Schweiß in unangenehmen Geruch umgewandelt wird. Deswegen ist dieser Wirkstoff in vielen Deodorants enthalten. Die Blüten wirken als Tee krampflindernd und schweißtreibend, beruhigend, blutdrucksenkend, hustenstillend und schleimhautabschwellend. Viel poetischer beschreibt dies Wolfgang Storl: Der Tee bringe „den Sonnenzauber in den Winter“. Lindenblütentee sollte jedoch vorsichtig dosiert und nicht über lange Zeit getrunken werden, zumindest nicht ohne Rücksprache mit dem Hausarzt oder Heilpraktiker. Oft wird der Lindenblütentee mit Holunderblüten, Kamillenblüten und Pfefferminzblättern angereichert, um eine Erkältung auszuschwitzen und die Abwehrkräfte anzuregen. Die Blät- ter enthalten zusätzlich Vitamin C, Mineralstoffe und Proteine. Sie werden gern als Abkochung für warme Umschläge bei Hauterkrankungen und Ekzemen genutzt.

Lindenblätter, Lindenblütenessenz und Lindenkohle

Hildegard von Bingen empfiehlt, über Nacht frische Lindenblätter auf die Augen zu legen, um am nächsten Morgen mit einem klaren Blick zu erwachen. Bis heute nutzt die Homöopathie die Essenz „Tilia“ unter anderem bei Sehschwäche. Der Dominikanermönch Albertus Magnus (1200–1280) beschreibt die beruhigende Wirkung der Lindenblüten: „Sie machen gute Nerven und fördern den Schlaf“. Und Sebastian Kneipp verschreibt den Lindenblütentee für Schwitzkuren und bei Unterleibsschmerzen. Noch Anfang des 20. Jahrhunderts war Lindenkohle ein anerkanntes Mittel gegen Durchfall, Vergiftungen und Blähungen. Heute wird sie aber kaum noch genutzt und ist aus diesem Grund nur noch in ausgewählten Apotheken zu finden.

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Rezept: Lindenblütenöl gegen Entzündungen

Mischen Sie eine Handvoll getrocknete Blüten in einem dunklen Gefäß mit 200 Millilitern Mandel- oder Olivenöl. Dieses sollte nun zehn Tage verschlossen an der Sonne ziehen können. Nach dem Filtern lässt sich das Öl wie eine Creme verwenden. Es wirkt entzündungshemmend.

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