Die Quitte – Eine (fast) vergessene Heilpflanze

Heilpflanze Quitte
Heilpflanze Quitte (Bild: pixabay)

Bis in die 1960er Jahre war die Quitte noch recht populär. Danach geriet sie in Vergessenheit. Inzwischen erlebt sie ein Comeback und erfreut sich wachsender Beliebtheit. Zurecht, finden wir, denn bei Halsschmerzen oder Husten ist sie ein echtes Heilmittel

Geht es um Quitten, huscht mir sogleich ein Lächeln übers Gesicht, denn Quitten erinnern mich an meine Kindheit. Diese haarigen, harten, rundbauchigen Gesellen, die in mehrfacher Hinsicht so eigenwillig sind: schwer zu schneiden, mühsam zu entsaften, und wie lange das immer dauerte! Doch Herbst um Herbst wurde aller Unbill getrotzt, der große Topf zum Entsaften in der Küche aufgestellt, geduldig wurden die Heilpflanzen aus dem Garten abgerieben, geputzt, geschnitten, gekocht und passiert – die Prozedur schien ewig zu dauern –, aber dann standen sie da: die Flaschen mit dem goldenen, wunderbar aromatischen Saft, der herrlich als Schorle schmeckte oder zu feinem Quittengelee weiterverarbeitet wurde.

Rezept aus Omas Küche: Honigquitten

Legen Sie rohe Quitten als ganze Frucht oder in Spalten ge­schnitten in ein Schraubglas und gießen Sie guten Imker­honig darüber. Wichtig ist, dass der Honig die ganze Frucht bedeckt. Das feine Aroma der Quitte überträgt sich dann auf den Honig. Das Glas gut ver­schließen und im Kühlschrank aufbewahren, da bei Zimmer­temperatur eine alkoholische Gärung einsetzt. Die Honigquit­ten sind sehr beliebt und bis zu einem Jahr haltbar.

Auf allen Kontinenten zu Hause

Die Quitte (Cydonia oblonga) gehört zur Familie der Rosengewächse (Rosaceae). Seit viertausend Jahren wird sie als Obstbaum oder -strauch angepflanzt. „Quitte“, Althoch- deutsch „qitina“ oder „kutinna“, geht auf das lateinische „(malum) cydonium“ (Quittenapfel oder Kydonischer Apfel) respektive das griechische „(melon) kydónion“ zurück. Ursprünglich war die wärmeliebende Quitte südlich des Kaukasus beheimatet. Von dort gelangte sie in die Türkei, den Iran, nach Turkmenistan, Syrien und Afghanistan. In Griechenland werden Quitten seit 600 vor Christus kultiviert, bei den Römern seit 200 v. Chr. Über Nordafrika erreichte die Quitte Portugal, wo sie bei der Namensgebung unserer Marmelade mitwirkte – das portugiesische Wort für Quitte heißt Marmelo. In Mitteleuropa finden sich erste Zeugnisse ihres Anbaus seit dem neunten Jahrhundert.

Heute gibt es Quittenbäume auf allen fünf Kontinenten. Sie bevorzugen sonnige, luftige Standorte, wichtig ist stets ausreichender Abstand zu den Nachbarbäumen.

Die Heilpflanze schützt sich durch pelzigen Flaum

Die Blütezeit beginnt später als die von Äpfeln und Birnen im Mai/Juni. Ihre intensiv duftenden Blütenblätter sind weiß oder rosafarben und locken viele Bienen an. In ihrer Wildform werden sie nur wenige Zentimeter groß, kultiviert deutlich größer. Der pelzige Flaum schützt sie vor Sonnenstrahlung und Verdunstung. Entfernt man ihn, zeigt die Schale oft einen seidigen, leicht öligen Glanz, was von über 150 flüchtigen Verbindungen herrührt, die den Früchten diesen feinen Duft verleihen. Übrigens sollen Motten den Geruch von Quitten gar nicht mögen, weshalb manche Leute eine duftende Quitte zwischen die Wäschestücke legen. Hierzulande werden die Quitten spät im Herbst reif. Ihre goldgelbe Färbung verdankt die Quitte insbesondere dem Flavon Quercetin. Die Farbe des Fruchtfleisches reicht von Weiß bis zu Dunkelgelb, es kann sowohl saftig als auch trocken sein. Kühl und luftig gelagert, sind die Früchte bis zu einem halben Jahr haltbar. Wegen ihres starken Aromas empfiehlt es sich allerdings, Quitten getrennt von anderen Obstsorten aufzubewahren.

Quitten gibt es in vielen Sorten und Formen

Wie viele Sorten und Typen es tatsächlich gibt, wurde bislang noch nicht erfasst. Bei den Quitten findet sich eine erstaunliche Vielfalt an Fruchtformen, sodass die landläufige Aufteilung in Apfel- und Birnenquitten letztlich lediglich einen Teil der existierenden Sorten umfasst. Bisherige Schätzungen variieren von 200 bis 1000.
Zudem gibt es Sorten, die sowohl apfel- als auch birnenförmige und eben einfach quittenförmige Früchte aufweisen. Apfelquitten gelten als aromatischer, sind wegen des härteren Fruchtfleisches aber schwieriger zu verarbeiten, Birnenquitten sind weicher und oft milder im Aroma. Zu den altbekannten Sorten zählen Quitten mit so wohlklingen- den Namen wie Bereczki, Bourgeaut, Cydora, Konstantinopler, Riesenquitte von Leskovacz, Portugieser, Radonia, Rea’s Mammoth, Ronda und Wudonia.
Aus Gärten und Grünanlagen sind auch die Zierquitten (Japanische Quitten, Chaenomeles japonica) bekannt. Allerdings dürfte wohl den wenigsten bekannt sein, dass sich die Früchte dieser Sträucher ebenfalls verwenden lassen, um Saft zu gewinnen, Gelee zu kochen und Quittenbrot herzu- stellen. Zum Einmachen oder für Kompotte sind die Früchte der Zierquitten jedoch ungeeignet.

Rezept: Quittensaft

Reiben Sie die Quitten mit ei­nem trockenen Küchentuch ab, zerkleinern Sie sie und pressen Sie sie mit Schalen und Kernen. Oder die Quitten rundherum mit einer Gabel einstechen, an­schließend in einen Topf geben, knapp mit Wasser bedecken und etwa eine halbe Stunde ga­ren. Danach 24 Stunden stehen lassen. Zum Schluss den Topfinhalt durch ein feines Mulltuch gießen und den Saft auffangen. Quittensaft können Sie auch mit Apfel­, Birnen­, Granatapfel­ oder Traubensaft mischen. Das Mischungsverhältnis beträgt 1:10. Einmal an­ gebrochen sollte der Saft im Kühlschrank aufbewahrt und innerhalb von fünf Tagen verbraucht werden.

Quitten in Mythologie und Kultur

Nicht zuletzt wegen ihrer goldenen Farbe, dem stimmungsaufhellenden, intensiven Duft und ihrer üppigen, runden Form galten Quitten seit altersher als Symbol für Liebe, Glück, Fruchtbarkeit, Freude und Unvergänglichkeit. In der Mythologie findet sich die Quitte denn auch immer wieder in diesem Zusammenhang. So bewachte der Drache Ladon den Garten der Hesperiden, wo sich der Baum mit den goldenen Früchten befand, die ewige Jugend verliehen, und die Liebesgöttin Aphrodite hielt schließlich als Schönste im Göttinnenstreit eine Quitte in Händen. Im alten Rom stellte man Quitten in die Empfangsräume, damit die Gäste durch ihren Duft erfrischt wurden, und Brautpaare trugen Quittenkerne bei sich, um eine glückliche Ehe zu haben. So mancher Herrscher ließ einem anderen Fürsten Quitten als Gastgeschenk überbringen, um ihn wohlgesonnen zu stimmen.

Bis ins 18. Jahrhundert herrschte der Glaube, dass das Verzehren von Quitten für schöne, kluge, geschickte und fleißige Kinder sorgen würde. Im England der viktorianischen Zeit schenkte ein Herr, der ernste Absichten hegte, der Dame seines Herzens eine Quitte oder Quittenkonfekt. Letzterem war übrigens auch Johann Wolfgang von Goethe sehr zugetan. Heute noch ist die Quitte fester Bestandteil der Hochzeitstafeln in südlichen und südosteuropäischen Ländern. Menschen aus diesen Ländern, die hier leben und arbeiten, haben dafür gesorgt, dass die Quitte auch bei uns wieder aus ihrem Dornröschenschlaf erwachte.

Nutzung als Lebensmittel

Die Quittensorten, die in Deutschland, Österreich und der Schweiz beheimatet sind, eignen sich nicht für den Rohverzehr, weil sie hart und bitter sind. Es gibt jedoch auch Sorten wie beispielsweise die in der Türkei angepflanzte Shirin-Quitte, die man roh essen kann. Bei den mitteleu- ropäischen Sorten muss vor der Verarbeitung der Früchte zunächst immer der bitterstoffreiche Flaum oder Pelz mithilfe eines rauen Tuchs entfernt werden.

Die Quittenklassiker sind aus dem Saft hergestelltes Quittengelee und Quittenbrot. Während letzteres bei uns heutzutage eher selten geworden ist, erfreut es sich in Spanien und Portugal als Dulce de Membrillo, etwa zusammen mit Ziegenkäse, nach wie vor großer Beliebtheit. Vor allem morgens verzehrt, soll es magenstärkend sowie verdauungs- und appetitanregend wirken. Es gibt natürlich eine Unmenge an Kochrezepten mit Quitten – in Griechenland, der Türkei oder Marokko etwa werden sie geschält und in Stücke geschnitten wie Kartoffeln mit dem Bratenfleisch im Topf geschmort. Einfach köstlich!

Vielseitig einsetzbar: Quittensaft

Der Saft der ganzen Früchte soll durch Schleim und Gerbstoffe bei leichten Entzündungen im Mund- und Rachenraum sowie bei Verdauungsstörungen und Blähungen helfen. Bei Frauenleiden, Schlafstörungen, Rheuma, Magenbeschwerden und Haarausfall wurde er auch verwendet.

Rezept aus Omas Küche: Quittenmus

Die Früchte mit einem Küchentuch abreiben. Darauf­ hin die Quitten mit der Scha­le vierteln, entkernen und zerkleinern. Die Fruchtstücke mit wenig Wasser zu einem Mus kochen. Empfohlen wird, einige Esslöffel davon vor je­ der Mahlzeit zu essen.

Das Fruchtfleisch der Quitte reinigt den Darm

Bis heute findet die Quitte in der Volksheilkunde, beispielsweise in Südosteuropa und in Ländern wie China, Indien, Mexiko und Chile, noch Anwendung. Quitten sind reich an Vitamin C und Kalium. Sie enthalten Natrium, Zink, Eisen, Kupfer, Mangan und Fluor, Gerbstoffe, organische Säuren und Schleimstoffe. Dem hohen Pektingehalt der Quitte wird eine darmreinigende Wirkung zugeschrieben, indem schädliche Stoffe wie Bakteriengifte, Cholesterin, Gallensäure und Schwermetalle gebunden und in der Folge auf natürliche Weise ausgeschieden werden.

In der Kosmetik wird sie heutzutage auch verwendet und unterstützt besonders bei rissiger Haut oder Ekzemen.
In den naturheilkundlichen Büchern der Hildegard von Bin- gen hatte die Quitte ebenfalls ihren Platz. Die Äbtissin von Bingen empfiehlt sie bei Gicht, Hautausschlägen, Ekzemen, Geschwüren und Arteriosklerose. „Denn wer Gicht hat, esse oft diese Frucht gekocht und gebraten, und sie unterdrückt sie in ihm so, dass diese weder seine Sinne abstumpft noch

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